Der ELTERNVEREIN HAMBURG e. V. und die GEW Hamburg lehnen die Einführung verpflichtender Ziffernzeugnisse in der Grundschule ab und fordern, dass angesichts der Heterogenität der Schülerschaft in den Grundschulen eine Praxis der Leistungsbeurteilung angewendet wird, die Lernprozesse begleitet und in Zeugnisform aussagekräftig festhält, die sowohl diagnostisch fundierte als auch fördernde Rückmeldung gibt.
In der Koalitionsvereinbarung der jetzigen Hamburger Regierung findet sich die Ankündigung, ab Klasse drei in der Grundschule verpflichtend Ziffernzeugnisse einzuführen und damit das bisherige Wahlrecht der Eltern über die Zeugnisform abzuschaffen. Gegen dieses Vorhaben haben sich bereits zahlreiche Elternräte und Lehrerkollegien aus Grundschulen, die Lehrer- und die Elternkammer sowie an Bildung beteiligte Verbände gewendet.
Berichtszeugnisse enthalten die Aufforderung an den Lehrer, den Leistungsstand der Schüler in Bezug auf die Lehrplanerwartungen transparent zu machen und deutlich zu benennen. Sie informieren Eltern und Kind über individuelle Leistungsentwicklungen und zeigen auf, ob das Kind – gemessen an seinen Startleistungen – sich individuell in der wünschenswerten Richtung weiterentwickelt hat. Sie beschreiben Stärken und Probleme des Kindes, zeigen Lernstrategien und besondere Fähigkeiten und geben Hinweise, auf welche Weise das Kind seine Lern- und Arbeitsleistungen verbessern kann.
Eine solche produktive pädagogische Problemlösung sollte nicht durch eine administrative Entscheidung blockiert, sondern weiterhin durch die Mitwirkung von Eltern auf demokratischem Wege ermöglicht werden.
Ziffernzeugnisse geben immer nur Rückmeldungen im Vergleich zu einer Gruppe, sie sind im Gegensatz zur Erwartung von Eltern und Öffentlichkeit keineswegs objektiv. Sie fördern zudem falsches Konkurrenzdenken von Kindern und Eltern nach dem Muster “Ich bin (Mein Kind ist) besser/schlechter als …” Für die Arbeit insbesondere in der Grundschule sind Noten nicht hilfreich, selbst wenn sie durch Texte ergänzt werden. Wir fordern Senator Lange auf, die Hamburger Praxis der Elternentscheidung über die Form der Leistungsrückmeldung bestehen zu lassen.
Hamburg, den 6.Mai 2002
Dieser Erklärung schließen sich an:
- ARGE (Arbeitsgemeinschaft der Elternräte der Gesamtschulen in Hamburg)
- GGG (Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule e. V. – Landesverband Hamburg)
- AfB (Arbeitskreis für Bildung in der SPD Hamburg)
- Grundschulverband
- Aktion Humane Schule e. V.
- Deutscher Kinderschutzbund
- LAG Eltern für Integration e. V.